Dienstag, 30. Juli 2013

Die zehnte Vollversammlung



In den beiden Weltkriegen im der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts  haben sich Millionen Soldaten, unter denen die meisten getaufte Christen waren, gegenseitig getötet, Unzählige Zivilisten, Frauen, Kinder,  Alte,  Kranke sind ebenfalls umgekommen.

Wer fürchtete sich nach dieser furchtbaren Erfahrung nicht vor einer Wiederholung dieser Schrecken? Wer unter denen, die zum politischen Handeln fähig und berufen waren, wollte sich nicht dafür einsetzen, dass eine neue Politik den Krieg ausschloss und dem Frieden unter den Völkern diente?
 
Vertreter der Kirchen, die aus der Reformation hervorgegangen sind, kamen 1948 in Amsterdam zusammen, wählten einen „Ökumenischen Rat der Kirchen“  (ÖRK) und erreichten es, dass 1948 die „Erste Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen“  zustande kam. Der in Amsterdam formulierte Satz  Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein bleibt unvergessen. Er hat den Kirchen in den folgenden Jahrzehnten immer wieder den Weg gewiesen.

 Die Vollversammlungen des Ökumenischen Rates der Kirchen wiederholen sich etwa alle sieben Jahre. Die Zehnte Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen findet von 30. Oktober bis 8. November in Busan (Republik Korea) statt. Sie steht unter dem Thema: Gott des Lebens, weise uns den Weg zu Gerechtigkeit und Frieden.

Ein Brief an die Delegierten



Zum Ökumenischen Rat der Kirchen gehören  349 Mitgliedskirchen in mehr als 120 Ländern aus allen Kontinenten.

Alle wollen und sollen sich an einer solchen Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen beteiligen, und das kann nur so geordnet vor sich gehen, dass aus allen diesen Kirchen entsprechend ihrer Größe Mitglieder delegiert werden.

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat offiziell 23 Personen delegiert, darunter auch besondere Experten und bisherige Mitglieder des Zentralausschusses des Ökumenischen Rates. Dazu haben die einzelnen Landeskirchen Personen entsandt, die in den Gemeinden als sogenannte Explikatoren über die Vollversammlung berichten werden.

An die Delegierten schrieb ich am10.Juni 2013 folgenden Brief:
Endlich aufhören! Den Krieg nicht mehr lernen!
Die 10. Vollversammlung des Ökumenischen Rates des Kirchen (ÖRK) wird vom
30. Oktober bis 8. November 2013 in Busan, Republik Korea, stattfinden.
Aus der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) werden über 40 Frauen und Männer teilnehmen, darunter etwa 20 Delegierte mit Stimmrecht.
Wer unter Millionen evangelischen Christen in Deutschland weiß davon? Wer ist daran interessiert? Worum geht es überhaupt?
Das Thema dieser Vollversammlung lautet:Gott des Lebens, weise uns den Weg zu Gerechtigkeit und Frieden“
Gerechtigkeit und Frieden, ja, das wäre schön, das wollen wir alle. Aber wer wird uns  den Weg dahin weisen?
In der jüdischen Bibel, unserem Alten Testament, gibt es einen erstaunlichen Text, fast gleichlautend bei den Propheten Jesaja und Micha, aus dem die Worte „Schwerter zu Pflugscharen“ stammen. Es ist klar,  was damit gemeint ist: Rüstungskonversion!  Die Milliarden, die weltweit für Rüstung ausgegeben werden, sollen für zivile Projekte, die dem Frieden dienen, umgewidmet werden.
Recht und gut, aber das ist äußerst kompliziert. Da müssen Experten beraten, wie das gehen soll, Unternehmer, Politikerinnen, Bischöfe, Professoren. Was kann der gewöhnliche  Christenmensch, der ganz andere Sorgen hat, dazu tun?
Endlich aufhören! Den Krieg nicht mehr lernen!
Der berühmte Text aus den Propheten Jesaja und Micha enthält noch eine andere Weisung zur Gerechtigkeit auf Erden und zum Frieden unter den Völkern, die seltsamerweise viel seltener zitiert wird als die von den Schwertern und Pflugscharen:
Da heißt es: Es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen.
An jedem Ort und  in jeder Kirchengemeinde gibt es  junge Männer und Frauen, die von der Regierung „gezogen“ werden, um Soldaten und sogar Soldatinnen zu werden.  Auf sie ist jede Regierung  angewiesen. Ohne sie kann kein Diktator, kein Präsident, keine Bundeskanzlerin Krieg führen.
Von Deutschland sind zwei Weltkriege ausgegangen. Keine Delegation aus der ganzen Welt ist mehr dazu ermächtigt und verpflichtet  als die deutsche, die Weisung Gottes durch die Propheten: Den Krieg nicht mehr lernen! in die Vollversammlung hineinzutragen als die Delegation aus Deutschland.
Wird sich die Delegation aus Deutschland durchringen können, dies gemeinsam zu tun?
Wir Bürger und Bürgerinnen und Gemeindeglieder, die in Deutschland zurückbleiben, können die deutsche Delegation  mit unserer Stimme, mit unserer Unterschrift unterstützen.
Gibt es nicht in jeder Kirchengemeinde ein paar Leute, die dazu bereit sind? Gibt es nicht zahlreiche Nichtregierungsorganisationen  (NGO’s)  in der Kirche und außerhalb der Kirche, die den Glauben daran verloren haben, dass jemals mit dem Satz: „Frieden schaffen mit und ohne Waffen“ der Völkerfrieden einkehren wird? Gibt es nicht zahllose Menschen in der Bundesrepublik, die sich für Gerechtigkeit, Frieden, Bewahrung der Schöpfung, für Freiheit und Menschenrechte einsetzen?
Sie alle können die EKD-Delegation mit ihrer Unterschrift unterstützen
über die Adresse

Werner Dierlamm
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Ohne Rüstung Leben Informationen 145




Dazu muss die Vorgeschichte dieser Informationen 145 kurz skizziert werden.

 Die Informationen von Ohne Rüstung Leben erscheinen seit Frühjahr 1978 viermal im Jahr in ununterbrochener Reihenfolge.

Vor allem durch den Einsatz von Paul Russmann, dem Geschäftsführer von Ohne Rüstung Leben seit 1986,  und seine gut überlegten und vorbereiteten Aktionen, hat sich der Kreis der Adressaten bis auf ca 17000 erweitert. Dies ist möglich ohne eingeschrieben Mitglieder. Alle Interessierten können die Infos kostenlos empfangen. Die Finanzierung des Unternehmens geschieht fast ausschließlich durch Spenden.

Die Nummer 145/ 2013-3 hat eine besondere Bedeutung, weil besonders durch den Artikel von Reinhardt Seibert   „Ohne Rüstung als Teil der weltweiten Ökumene“  wieder deutlich erkennbar wird, dass diese Organisation zur christlichen Friedensbewegung gehört und mit der Geschichte der Kirche eng verbunden ist.

Der  Nummer 145 liegt auch ein Schreiben an Bischof Martin Schindehütte bei. Er ist der Sprecher der  Delegierten der Evang Kirche in Deutschland für die Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Busan.

Das Schreiben endet mit der Bitte:
„Sehr geehrter Herr Bischof, ich bitte Sie und die Delegierten der Evangelischen Kirche in Deutschland, die biblische Verheißung „Den Krieg nicht mehr lernen“ in die 10. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen einzubringen.

Mit ihrer Unterschrift können alle Leserinnen und Leser der Informationen Nr. 145 auf den Verlauf der Vollversammlung  in Busan Einfluss nehmen.

  




 .  

Dietrich Bonhoeffer Fanö 1934



 1934, fünf Jahre vor Beginn des Zweiten Weltkriegs,  hat der 28jährige Dietrich Bonhoeffer bei einer großen Tagung des ökumenischen Weltbunds für Freundschaftsarbeit eine Rede gehalten, die durch ihre Hellsicht und Radikalität gekennzeichnet ist. Teile daraus werden in der Friedensbewegung häufig zitiert.
Nichts von seiner Vision, wie durch das Wirken der christlichen Kirche dem Krieg ein Ende gemacht und Frieden zwischen den Völkern hergestellt werden kann, scheint sich in den seither vergangenen 69 Jahren verwirklicht zu haben.
Und doch  ist dieser Text alles andere als überholt. Er ist immer noch von höchster Aktualität.
Aus meiner Sicht steht die Bitte an die Delegierten der Evangelischen Kirche in Deutschland, die Forderung Den Krieg nicht mehr lernen, als Weisung Gottes  in die Vollversammlung in Busan hineinzutragen, in vollem Einklag mit der Rede Bonhoeffers in Fanö.

Ich zitiere aus seiner  Rede folgende Sätze:   


„Friede auf Erden“, das ist kein Problem, sondern ein mit der Erscheinung Christi selbst gegebenes Gebot.

Friede soll sein, weil Christus in der Welt ist, d.h. Friede soll sein, weil es eine Kirche Christi gibt, um deretwillen allein die ganze Welt noch lebt. Und diese Kirche Christi lebt zugleich in allen Völkern und doch jenseits aller Grenzen völkischer, politischer, sozialer, rassischer Art

Diese Brüder durch Christus gehorchen seinem Wort und zweifeln und fragen nicht, sondern halten sein Gebot des Friedens und schämen sich nicht, der Welt zum Trotz sogar vom ewigen Frieden zu reden. Sie können nicht die Waffen gegeneinander richten, weil sie wissen, dass sie damit die Waffen auf Christus selbst richteten

Wie wird Friede? Durch ein System von politischen Verträgen? Durch Investierung internationalen Kapitals in den verschiedenen Ländern? D.h. durch die Großbanken, durch das Geld? Oder gar durch eine allseitige friedliche Aufrüstung zum Zweck der Sicherstellung des Friedens? Nein, durch dieses alles aus dem einen Grunde nicht, weil hier überall Friede und Sicherheit verwechselt wird. Es gibt keinen Weg zum Frieden auf dem Weg zur Sicherheit. Denn Friede muss gewagt werden, ist das eine große Wagnis, und lässt sich nie und nimmer sichern. Friede ist das Gegenteil von Sicherung. Sicherheiten fordern heißt Misstrauen haben, und dieses Misstrauen gebiert wiederum Krieg.

Noch einmal darum: Wie wird Friede? Wer ruft zum Frieden, dass die Welt es hört, zu hören gezwungen ist? Dass alle Völker darüber froh werden müssen? Der einzelne Christ kann das nicht - er kann wohl, wo alle schweigen, die Stimme erheben und Zeugnis ablegen, aber die Mächte der Welt können wortlos über ihn hinwegschreiten. Die einzelne Kirche kann auch wohl zeugen und leiden – ach, wenn sie es doch täte -, aber auch sie wird erdrückt von der Gewalt des Hasses. Nur das eine große ökumenische Konzil der Heiligen Kirche Christi aus aller Welt kann es so sagen, dass die Welt zähneknirschend das Wort vom Frieden vernehmen muss und dass die Völker froh werden, weil diese Kirche Christi ihren Söhnen im Namen Christi die Waffen aus der Hand nimmt und ihnen den Krieg verbietet und den Frieden Christi ausruft über die rasende Welt.

Die Stunde eilt – die Welt starrt in Waffen und furchtbar schaut das Misstrauen aus allen Augen, die Kriegsfanfare kann morgen geblasen werden – worauf warten wir noch? Wollen wir selbst mitschuldig werden wie nie zuvor?

Wir wollen reden zu dieser Welt, kein halbes, sondern ein ganzes Wort, ein mutiges Wort, ein christliches Wort. Wir wollen beten, dass uns dieses Wort gegeben werde – heute noch – wer weiß, ob wir uns im nächsten Jahr noch wiederfinden?" (D. Bonhoeffer, Gesammelte .Schriften Band I 1958 S. 216-219)

(Ausführlicher im Blog Pazifismus und Theologie 2.3 Dietrich Bonhoeffer)