1934, fünf Jahre vor Beginn des Zweiten Weltkriegs, hat der 28jährige Dietrich Bonhoeffer bei
einer großen Tagung des ökumenischen Weltbunds für Freundschaftsarbeit eine
Rede gehalten, die durch ihre Hellsicht und Radikalität gekennzeichnet ist.
Teile daraus werden in der Friedensbewegung häufig zitiert.
Nichts von seiner Vision, wie durch das Wirken der
christlichen Kirche dem Krieg ein Ende gemacht und Frieden zwischen den Völkern
hergestellt werden kann, scheint sich in den seither vergangenen 69 Jahren
verwirklicht zu haben.
Und doch ist dieser
Text alles andere als überholt. Er ist immer noch von höchster Aktualität.
Aus meiner Sicht steht die Bitte an die Delegierten der
Evangelischen Kirche in Deutschland, die Forderung Den Krieg nicht mehr lernen, als Weisung Gottes in die Vollversammlung in Busan hineinzutragen,
in vollem Einklag mit der Rede Bonhoeffers in Fanö.
Ich zitiere aus seiner Rede folgende Sätze:
„Friede auf Erden“, das ist kein
Problem, sondern ein mit der Erscheinung Christi selbst gegebenes Gebot.
Friede soll sein, weil Christus in der
Welt ist, d.h. Friede soll sein, weil es eine Kirche Christi gibt, um
deretwillen allein die ganze Welt noch lebt. Und diese Kirche Christi lebt
zugleich in allen Völkern und doch jenseits aller Grenzen völkischer,
politischer, sozialer, rassischer Art
Diese Brüder durch
Christus gehorchen seinem Wort und zweifeln und fragen nicht, sondern halten
sein Gebot des Friedens und schämen sich nicht, der Welt zum Trotz sogar vom
ewigen Frieden zu reden. Sie können nicht die Waffen
gegeneinander richten, weil sie wissen, dass sie damit die Waffen auf Christus
selbst richteten
Wie wird Friede? Durch ein System von
politischen Verträgen? Durch Investierung internationalen Kapitals in den
verschiedenen Ländern? D.h. durch die Großbanken, durch das Geld? Oder gar
durch eine allseitige friedliche Aufrüstung zum Zweck der Sicherstellung des
Friedens? Nein, durch dieses alles aus dem einen Grunde nicht, weil hier
überall Friede und Sicherheit verwechselt wird. Es gibt keinen Weg zum Frieden
auf dem Weg zur Sicherheit. Denn Friede muss gewagt werden, ist das eine große
Wagnis, und lässt sich nie und nimmer sichern. Friede ist das Gegenteil von
Sicherung. Sicherheiten fordern heißt Misstrauen haben, und dieses Misstrauen
gebiert wiederum Krieg.
Noch einmal darum: Wie wird Friede? Wer
ruft zum Frieden, dass die Welt es hört, zu hören gezwungen ist? Dass alle
Völker darüber froh werden müssen? Der einzelne Christ kann das nicht - er kann
wohl, wo alle schweigen, die Stimme erheben und Zeugnis ablegen, aber die Mächte
der Welt können wortlos über ihn hinwegschreiten. Die einzelne Kirche kann auch
wohl zeugen und leiden – ach, wenn sie es doch täte -, aber auch sie wird
erdrückt von der Gewalt des Hasses. Nur das eine große ökumenische Konzil der
Heiligen Kirche Christi aus aller Welt kann es so sagen, dass die Welt
zähneknirschend das Wort vom Frieden vernehmen muss und dass die Völker froh
werden, weil diese Kirche Christi ihren Söhnen im Namen Christi die Waffen aus
der Hand nimmt und ihnen den Krieg verbietet und den Frieden Christi ausruft
über die rasende Welt.
Die Stunde eilt – die Welt starrt in
Waffen und furchtbar schaut das Misstrauen aus allen Augen, die Kriegsfanfare
kann morgen geblasen werden – worauf warten wir noch? Wollen wir selbst
mitschuldig werden wie nie zuvor?
Wir wollen reden zu dieser Welt, kein
halbes, sondern ein ganzes Wort, ein mutiges Wort, ein christliches Wort. Wir
wollen beten, dass uns dieses Wort gegeben werde – heute noch – wer weiß, ob
wir uns im nächsten Jahr noch wiederfinden?" (D.
Bonhoeffer, Gesammelte .Schriften Band I 1958 S. 216-219)
(Ausführlicher im Blog Pazifismus und Theologie 2.3
Dietrich Bonhoeffer)
Und jetzt ... nach dem 24. Februar 2022 ???
AntwortenLöschenEr ist nachher in den Widerstand gegen den damaligen Diktator gegangen...
Und hat gesagt. Wir kommen aus der Sache nicht raus ohne Schuld auf uns zu laden.
Ja, das stimmt. Obwohl es für Bonhoeffer vermutlich eine schwere Entscheidung war. Die späteren Aussagen sind jedenfalls nicht so pazifistisch wie noch vor Kriegsbeginn. "Dem Rad in die Speichen fallen", das bedeutete für ihn der Tod.
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